Typ 94 Spezial-Zugfahrzeug:

(Typ 94 tk)

 

 

Kuyon shiki Tokusyu Keninsha

 

 

Serienfahrzeuge im Einsatz

 

1930/31 testete die Armee die Carden-Loyd Tankette. Die Ergebnisse zeigten, dass ein solches Fahrzeug gut geeignet war für die Munitions- und Nachschubversorgung auf dem Gefechtsfeld und Verbindungsaufgaben. Daher begann die Armee über die Anschaffung derartiger Fahrzeuge nachzudenken. Insbesondere der Nachschubtransport auf dem Gefechtsfeld schien solche Fahrzeuge zu erfordern. Allerdings wurde eine MG-Bewaffnung in einem Drehturm als notwendig erachtet. So begann man, Spezifikationen für ein kleines Zweimannfahrzeug mir Vollkettenantrieb, drehbarem Turm mit MG und Panzerschutz auch gegen Infanterie-Hartkernmunition zu entwickeln. Das Fahrzeug sollte verschiedene Anhänger mit Kettenlaufwerk und einem maximalen Einsatzgewicht von 1000 kg ziehen können, die parallel zu entwickeln waren.

 

Folgende Spezifikationen wurden Anfang 1933 ausgegeben:

- Höchstgewicht 2650 kg

- Höchstgeschwindigkeit 45 km/h

- Grabenüberschreitfähigkeit 1500 mm

- Maximalgröße Länge 3400 mm, Breite 1620 mm, Höhe 1540 mm

- 2 Mann Besatzung (Fahrer, Kommandant/Schütze)

- Einbau des Motors im Bug, um im Heck ein maximales Ladevolumen zu ermöglichen

- Fahrerplatz neben dem Motor

- Panzerung bis 12 mm oberflächengehärteter, geschweißter Walzstahl, durchschusssicher gegen panzerbrechende Infanteriemunition bis zum Kaliber 8 mm

- kleiner Drehturm mit Maschinengewehrbewaffnung

- gute Geländegängigkeit

- Verwendung eines luftgekühlten 4-Zylinder Benzinmotors

- große Zugangstür im Heck

- Zughacken am Heck mit einer maximalen Anhängelast von 1000 kg

 

Zeitgleich wurden Spezifikationen für die Anhänger ausgegeben:

- Kettenlaufwerk

- möglichst geringe Gesamthöhe

- drei Arten von Anhänger:

    - Transportanhänger mit 750 kg Ladekapazität

    - Sprühanhänger für chemische und biologische Kampfstoffe, insbesondere Senfgas

    - Sprühanhänger für Dekontaminierungsstoffe, insbesondere Kalziumchlorid-Lösung

 

 Prototyp beim Geländetest

 

Die Automobilabteilung von Tokyo Gasu Denki K.K. (Tokyo Gas und Elektrizität, heute Hino Motors) wurde mit Konstruktion und Bau je eines Prototyps für den Panzer und die Anhänger beauftragt. Die beiden Spezialanhänger sollten in Zusammenarbeit mit der Abteilung für chemische Kriegsführung gebaut werden.

 

1. Prototyp-Entwicklung:

 

1.1 Das Fahrzeug:

 

Das Laufwerk wurde komplett neu entwickelt. Dabei wurde ein System ähnlich dem Horstmann-System der französischen und englischen Tanketten verwendet. Zwei Paare von mit Hartgummilaufflächen versehenen Laufrädern wurden derart mit zwei horizontal montierten, starken Spiralfedern verbunden, dass diese auf die jeweils gegenüberliegenden Feder wirkten. Bei Bodenunebenheiten wurden die Federn zusammengedrückt, so dass sie die Laufräder nach der Unebenheit wieder in Ausgangslage gebracht haben. Eine halbrunde Panzerplatte von 6 mm Stärke schützte die Federung. Dieses System war bei guter Geländegängigkeit wartungsarm und zuverlässig, so dass es zum Standard für zukünftige Panzerfahrzeuge wurde.

 

Schematische Darstellung des Federungssystems

 

Das vorn liegende Antriebsrad bestand aus einem massiven Mittelteil, an dem zwei eng aneinander liegende, auswechselbare Zahnkränze befestigt waren. Das hintere  Spannrad hatte den gleichen Durchmesser wie die Laufräder, jedoch besaß es keinen Hartgummikranz. Es war über ein  viertel Zahnrad beweglich an der Seitenpanzerung befestigt. Durch Drehen einer oberhalb montierten Gewindestange konnte die Kette ge- oder entspannt werden. Zudem war das Spannrad erhöht angebracht, um die Geländegängigkeit und die Selbstreinigung der Kette zu verbessern. Zur Gewichtsverringerung waren Durchbrüche im Material eingearbeitet. Zwei kleine, ebenfalls mit Hartgummikränzen versehene Stützrollen vervollständigten das Laufwerk. Die Kettenglieder bestanden aus Gussstahl mit einem hohen Mangananteil zur Gewichtsverringerung. Paarweise angeordnete Durchbrüche in jedem Glied ermöglichten den Zahnkränzen am Antriebsrad die Kette zu bewegen. Kotflügel verhinderten, dass Schmutz auf die Oberseite des Fahrzeugs geschleudert wurde. Der auf der Fahrerseite war durchgehend, der auf der anderen Seite bestand nur als Blechen vorn und hinten. Auf den Kotflügeln war vorn auf jeder Seite ein Scheinwerfer montiert.

 

Die vordere Bugpanzerung war nach unten hinten umgebogen, um Geschosse besser ablenken zu können. Ein Zughacken war mittig angebracht. Um maximalen Panzerungsschutz zu bekommen, wurden die obere Bugpanzerung und die Heckpanzerung angewinkelt. Die Seitenpanzerung war vertikal angeordnet. Auf der linken Bugseite war das Getriebe eingebaut. Dies machte eine Aussparung in der oberen Bugpanzerung notwendig. Diese wurde durch einen angenieteten, viereckigen Panzerungsschutz mit oben liegender Zugangsklappe verschlossen. Die endgültige Bauhöhe des Getriebes machte zudem eine U-förmige Erhöhung mit abgerundeten Kanten auf der Zugangsklappe notwendig, da man die Höhe der Panzerabdeckung nicht weiter vergrößern wollte. Auf der vorderen Bugpanzerung war zudem eine runde Zugangsluke eingebaut. Getriebeöl konnte durch einen kleinen runden Einlass vorn rechts auf der Wartungsklappe eingefüllt und durch eine etwas größere, runde Luke in der unteren Panzerung abgelassen werden. Rechts neben dem Getriebe war das Lenkgetriebe eingebaut. Eine nach hinten zu öffnende Klappe auf der oberen Bugpanzerung ermöglichte den Zugang bei Wartungen.

 

Wartungsarbeiten an einem frühen Serienmodell

 

Hinter dem Getriebe war auf der linken Seite der von der Firma Ikegai entwickelte, luftgekühlte 4-Zylinder Benzinmotor in Längsrichtung platziert. Eine Abdeckung aus Asbestmatten sollte die Mannschaft von den heißen Motorteilen abschirmen. Zudem bildeten sie so einen gewissen Brandschutz. Über dem Motor war eine große zur Außenseite hin zu öffnende Klappe für die Wartung angebracht. Kühlluft wurde durch eine mit einem flachen Filter versehene, rechteckige Öffnung in der linken Seitenpanzerung angesaugt. Diese war mit einer zur besseren Luftzufuhr nach oben aufklappbare, durch Querrippen gesicherten Panzerstahlabdeckung verschlossen. Um zu verhindern, dass zu viel durch die Ketten aufgewirbelter Schmutz angesaugt wurde, war die Abdeckung im Profil dreieckig mit der Basis unten. Der Kühler selbst war hinten am Motor angebracht. Die Abwärme diente zur Beheizung des Kampfraums. Die Verbrennungsluft wurde aus dem Kampfraum angesaugt. Die Abgase wurden vorn am Motor durch ein außen liegendes, um den Kühllufteinlass gebogenes Auspuffrohr zum  hinten links montierten, zylindrischen Endtopf geleitet. Dies sollte zum einen verhindern, dass Auspuffgase durch den Kühler direkt wieder eingesaugt wurde und zum anderen Sichtbehinderungen des Fahrers durch die Abgase zu verhindern. Der Endtopf wurde durch eine gebogene Halterung an der Seitenpanzerung gesichert. Hinter dem Motor war links ein zylindrischer Benzintank im Kampfraum montiert. Eine längliche Zugangsklappe links auf der oberen Rumpfpanzerung ermöglichte den Zugang für Wartungsarbeiten. Die Tankklappe war links hinten auf der oberen Panzerung eingelassen.

 

Rechts neben dem Motor saß der Fahrer. Er bediente das Fahrzeug mittels Hebeln und Pedalen. Über dem Fahrerplatz war eine rechteckige Panzerkuppel mit abgeschrägter Oberseite zum Schutz des Fahrers angeschweißt. Zusätzliche Nieten verstärkten die Schweißnähte. Die Oberseite der Kuppel diente als Zugangsklappe. Diese konnte im Ganzen nach vorn aufgeklappt werden. Zusätzliche Bedienelemente (u. a. Elektrik, Scheinwerfer, verschiedene Anzeigen) waren rechts neben dem Fahrer in einer trapezförmigen Ausbuchtung der Seitenpanzerung angebracht. Vorn war eine nach oben aufklappbare Sehklappe angebracht. Auf jeder Kuppelseite waren zudem mittig kleinere Sichtluken montiert. In geschlossenem Zustand ermöglichten nur schmale Sehschlitze die Sicht nach vorn und zu den Seiten.

 

Blick von der Heckklappe nach vorn, links der Motor mit dem großen Kühler, rechts der Fahrerplatz

 

Hinter dem Fahrerplatz war mittig der konische Turm platziert. Ein Typ 91 6,5 mm Panzer-MG war in einem trapezförmigen, nach oben abgeschrägten Vorbau in einer Standard-MG-Halterung eingebaut. Der Kommandant bediente die Waffe kniend oder auf einem einfachen Hocker sitzend. Die Bereitschaftsmunition wurde rechts und links im Turm gelagert. Weitere Munitionskisten wurden in an der rechten Seitenwand montierten Halterungen mitgeführt. Eine spezielle Schulterstütze erleichterte die Handhabung. Der Turm konnte dadurch durch Bewegen des MGs mit Muskelkraft um 360° gedreht werden. Je ein Handgriff neben der Waffenhalterung auf dem Turmdrehkranz ermöglichte bei Bedarf eine schnellere Drehung. Auf der Oberseite des Turms war eine nach vorn aufklappbaren Luke montiert, die in geöffnetem Zustand im Gefecht einen gewissen Schutz bot. In beiden Turmseiten waren je ein Sehschlitz und eine von innen verschließbare Nahverteidigungsöffnung nebeneinander eingelassen. Eine nach oben zu öffnende, ebenfalls mit einem Sehschlitz und einer Nahverteidigungsöffnung versehene Klappe im Turmheck ermöglichte die Kommunikation mit Soldaten außerhalb des Fahrzeugs und verbesserte die Belüftung. Da der Motor nicht abgeschottet war, machte im Betrieb der Lärm im Fahrzeug eine verbale Kommunikation zwischen Kommandant und Fahrer unmöglich. Daher wurde ein Code entwickelt, mit dem der Kommandant dem Fahrer Befehle übermitteln konnte, indem er mit den Fingern auf dessen Schulter tippte.

 

Blick von hinten unten in den Turm eines späten Serienfahrzeugs

 

Die Heckpanzerung war nach oben hin seitlich abgeschrägt. Mittig war eine große, nach rechts zu öffnende, rechteckige Tür mit abgerundeten Ecken eingebaut. Diese wurde nach rechts geöffnet und konnte von innen verschlossen werden. Oben mittig waren ein Sehschlitz und eine Nahverteidigungsöffnung eingelassen. Durch die Tür konnte auf dem Gefechtsfeld der im hinteren Teil des Kampfraums gelagerte Nachschub ausgeladen werden, ohne dass die Besatzung durch Infanteriewaffenfeuer gefährdet gewesen wäre. Ein auf der linken Außenseite angebrachter Handgriff ermöglichte es, die unverschlossene Tür von außen zu öffnen. Am unteren Rand der Tür war mittig eine kleine, U-förmige Luke eingebaut, durch die das Kabel für die Steuerbefehle der Sprühanhänger in das Fahrzeug geschoben wurde. Links neben der Heckklappe war ein Blech angeschweißt, dass die Rückleuchte und das Nummernschild trug. Die untere Heckpanzerung war zunächst vertikal angeordnet und dann nach unten abgeschrägt. Im vertikalen Bereich war ein eckiger Stahlrahmen angeschweißt, an dem hinten ein Abschlepphaken befestigt war.

 

 

1.2 Die Anhänger:

 

 

modifizierter Fahrzeug-Prototyp mit Transportanhänger-Prototyp während einer Demonstration

 

Die Anhänger bestanden jeweils aus einem auf einen rechteckigen Stahlrahmen geschraubten Aufbau. Vorn war eine Zugstange starr am Rahmen befestigt. Das Laufwerk bestand je aus einem Paar stählerner, durch Stahlelemente miteinander verbundener, großer Speichenräder mit Vollgummireifen. Die Verbindungsstücke waren durch Blattfederpakete am Stahlrahmen befestigt. Vorn und hinten waren je ein gleich  großes Stahlrad kleineren Durchmessers mit Durchbrüchen im Material zur Gewichtsverminderung zur Umlenkung montiert. Dabei diente das hintere Umlenkrad auch als Spannrad, welches mittels der gleichen Vorrichtung wie am Fahrzeug eingestellt werden konnte.

 

Der Transportanhänger erhielt als Aufbau einen oben offenen, rechteckigen Kasten, der durch eine Plane abgedeckt werden konnte.

 

Der Aufbau des Sprühanhängers für flüssige biologische und chemische Waffen bestand aus einem Tank, der von zusammengenieteten, 6 mm starken Panzerstahlplatten geschützt wurde. Der obere Teil dieser Hülle war schräg angeordnet, um geschossabweisender zu werden. Die untere Panzerung war seitlich und hinten vertikal. Der vordere Teil war zunächst weiter schräg und nur im unteren Drittel vertikal. Die Düse war hinten auf der oberen Heckpanzerung in einem konischen Schutzgehäuse eingebaut. Das Kampfmittel wurde durch eine darunter liegende Pumpe unter Druck gesetzt und verteilte sich in einer Breite von 8 m V-förmig in einem Bogen hinter dem Anhänger. Die Elektrik für die Pumpensteuerung befand sich am vorderen Ende. Stromzufuhr und Steuerbefehle wurden durch ein Kabel aus dem Zugfahrzeug weitergegeben. Eine große Klappe auf der oberen, vorderen Panzerung sowie zwei kleinere auf jeder Seite des Anhängers ermöglichten Zugriff bei Reparaturen. Die Pumpe war ebenfalls durch je eine kleinere Klappe an den Seiten und im Heck zugänglich. Die Düse und die Zuleitung konnten durch eine längliche Klappe auf der oberen Panzerung  erreicht werden. Der Tank selbst wurde durch je eine größere Klappe in der Mitte der vertikalen und  oberen Panzerung auf der linken Seite erreichbar. Die Kampfstoffe konnten durch eine große, runde Luke in der Mitte der oberen Panzerung nachgefüllt werden. Die Bedienung konnte im Einsatz nur mit Vollschutz der Besatzung des Zugfahrzeugs erfolgen.

 

Kampfmittelsprühanhänger- Prototyp hinter dem Fahrzeugprototyp

 

 

 

Serienanhänger im Einsatz

 

Der Aufbau des Dekontaminieranhängers bestand aus der ebenfalls leicht gepanzerten, rechteckigen Steuerungseinheit vorn, drei Halterungen für den Dekontaminierflüssigkeits-Behälter dahinter und der Pumpe mit der Düse hinten unten. Der Behälter für das Dekontaminierungsmittel hatte die Form eines recheckigen Troges mit abgerundeten unteren Ecken. Unterhalb des Behälters waren die Zuleitungen zur Pumpe eingebaut. Der Behälter konnte entweder im Ganzen entfernt und ein voller eingesetzt werden oder aber durch eine große, über die gesamte Länge reichende Klappe nachgefüllt werden. Die Dekontaminierungsflüssigkeit wurde ähnlich wie das Kampfmittel V-förmig hinter dem Anhänger verteilt. Um das Verschmutzen der Düse durch aufgewirbeltes Erdreich zu verhindern, wurde über die Spannräder je ein kurzes Schutzblech montiert.

 

Dekontaminiersprühanhänger-Prototyp hinter dem modifizierten  Prototyp

 

 

    

Dekontaminiereinheit im Einsatz

 

 

 

1.3 Prototyp-Weiterentwicklung:

 

Während des Prototyp-Baus zeigten sich die alten, vom Typ 92 schweren Panzerwagen bekannten Probleme mit der Haltbarkeit der Schweißnähte. Daher wurden die Hauptelemente der Panzerung letztlich doch wieder auf einen tragenden Rahmen genietet. Dies erhöhte jedoch das Gesamtgewicht über das vorgegebene Maß. Daher wurde unter anderem an Stelle eines massiven Antriebsrades ein mit sechs kreisrunden Löchern verwendet. Trotzdem lag das Gewicht mit knapp 3 t weiterhin deutlich über der Vorgabe.

 

Die ersten Funktionstest des Prototypen und der Anhänger begannen Ende 1933. Dabei zeigte sich eine gute Geländegängigkeit und Mobilität. Zudem konnte das Fahrzeug und die leeren Anhänger auch durch wenige Soldaten geschoben werden. Bemängelt wurde nach ersten Demonstrationen vor höheren Offizieren vor allem der hohe Turm. Außerdem erschwerten Vibrationen des Fahrzeugs beim Feuern des MGs das sichere Zielen. So wurde noch vor der Truppenerprobung der Turm geändert. Der neue Turm wurde bis auf die für die Standard-MG-Halterung mindestens nötige Höhe reduziert. Bei gleichem Drehkranzdurchmesser war dieser deutlich flacher, wodurch sich die Neigung des konischen Teils etwas erhöhte. Die niedrigere Feuerhöhe reduzierte die Vibrationen beim Feuern des MGs auf ein für die vorgesehene Verwendung annehmbares Maß.

 

Die Truppenerprobung begann Anfang 1934. Dabei wurden früh die durch die geringe Einbauhöhe des Antriebsrades bedingten Probleme beim Überschreitung von höheren Hindernissen bemängelt. Also wurde das Antriebsrad höher eingebaut. Das hatte zur Folge, das die Kotflügel beiderseits vorn ebenfalls angehoben werden mussten. Dadurch musste nun auf der rechten Seite wegen der Ausbuchtung der Panzerung neben dem Fahrerplatz eine Aussparung in den Kotflügel geschnitten werden. Auch die Scheinwerferkonfiguration wurde geändert. Der rechte Scheinwerfer wurde als Tarnscheinwerfer ausgelegt. Dabei wurde er mit einer langen Tülle versehen, um den Lichtschein zu den Seiten und nach oben zu verringern. Der linke Scheinwerfer wurde auf die Bugpanzerung links neben dem Fahrerplatz verlegt.

 

Weitere Forderungen waren mehr Sichtluken für Fahrer und Kommandant, ein durchgehender Kotflügel auf der rechten Seite, Verbesserung der Geländegängigkeit in steinigerem Gelände, Änderung der Auspuffanlage zur Verringerung der Schadensanfälligkeit durch Splitter und Beschuss und weitere kleinere Dinge. Das höhere Gewicht wurde hingegen als hinnehmbar eingestuft. Im Frühjahr 1934 wurden die Änderungen umgesetzt. Da die relativ großen Abstände zwischen den Laufrädern sowie dem Antriebsrad in steinigem Gelände immer wieder zum Abwurf der Kette führten, wurden als Abhilfe die Laufräder vergrößert. Durchbrüche im Material begrenzten den Gewichtszuwachs. Zusätzlich erhielt das Spannrad ebenfalls zwei auswechselbare Zahnkränze, um die Seitenstabilität der Kette im hinteren Bereich zu verbessern. Die Auspuffanlage wurde neu konstruiert. Die Abgase wurden nun direkt am Motor abgeführt. Die gepanzerte Abdeckung des Kühllufteinlasses wurde so umkonstruiert, dass sie im unteren Bereich das vordere Auspuffrohr komplett abdeckte. Der Endtopf wurde mit einem U-förmig gebogenen Drahtgeflecht umgeben. Dieses bot zum einen gewissen Splitterschutz und verhinderte zum anderen, dass Soldaten sich am im Betrieb heiße Metall verbrennen konnten. Zur Verbesserung der Belüftung im Kampfraum wurde die hintere Panzerung der rechteckigen Fahrerkuppel so an deren Luke befestigt, dass sie separat nach oben aufgeklappt werden konnte. Zudem wurden die einfachen Sehschlitze an den Seiten durch kleine, nach oben aufklappbare Sehklappen mit Sehschlitzen ersetzt. Die gleichen Klappen wurden auch rechts und links am Vorbau des Turms eingebaut.

 

Der so geänderte Prototyp wurde im Sommer zu Belastungstests in die Mandschurei transportiert. Dort fanden neben Einsatzübungen auch Klimatests statt. Diese wurden ohne größere Probleme bewältigt, so dass das Fahrzeug noch im Jahre 1934 offiziell unter der Bezeichnung "Typ 94 Spezial-Zugmaschine" eingeführt wurde. Das deutlich über den Vorgaben liegende Gewicht wurde dabei aufgrund der Erprobungsergebnisse akzeptiert. Der Transportanhänger wurde als "Typ 94 3/4t Raupenanhänger" offiziell eingeführt. Die Spezialanhänger für die Gastruppen wurden als "Typ 94 Sprühanhänger" und "Typ 94 Dekontaminieranhänger" übernommen.

 

 

2. Einsatz:

 

 

Serienfahrzeug

 

 

Die Vorbereitungen zur Serienfertigung begannen noch Ende 1934, da das Fahrzeug dringend benötigt wurde. Entsprechend hoch war die Priorität bezüglich Rohstoffen und Arbeitskräften. Zusätzlich zur Entwicklungsfirma wurden weitere Unternehmen mit der Serienfertigung beauftragt, darunter auch Mitsubishi. Die Produktion startete 1935. Ab 1938 wurde die Produktion zugunsten des Nachfolgemodells zurückgefahren. Es wurden folgende Stückzahlen gebaut:

 

Jahr: 1935 1936 1937 1938 1939 1940
Anzahl: 300 246 200 zusammen 95 2

Gesamt: 843

 

Ab Frühjahr 1935 begann die Aufstellung von Verbänden mit den Typ 94 tk. Zunächst wurden "Selbständige Gepanzerte Transportkompanien" (Dokuritsu Keisokosha Chutai) mit je 17 Fahrzeugen (4 Züge zu 4 Fahrzeugen, Führungseinheit mit 1 Fahrzeug, Versorgungszug mit 7 LKW, insgesamt 118 Mann)  aufgestellt, die bei militärischen Operationen flexibel den Infanteriedivisionen zugeordnet wurden. In zweiter Linie erhielten die Aufklärungsregimenter der Infanteriedivisionen und die Aufklärungseinheiten der Panzerregimenter Aufklärungszüge zu 7 Fahrzeugen. Nachdem der Erstbedarf gedeckt war, wurden nach und nach gepanzerte Transportkompanien mit ebenfalls 17 Fahrzeugen für die Transportregimenter der im direkten Kampfeinsatz befindlichen Infanteriedivisionen geschaffen. Dazu wurden ab Mitte 1935 in den Heimatbasen von 11 Infanteriedivisionen Tanketten-Ausbildungszentren errichtet. So konnten nach Ausbruch der Feindseligkeiten in China Mitte 1937 innerhalb kürzester Zeit 13 gepanzerte Transportkompanien den dort im Einsatz befindlichen Divisionen als Ergänzung zu den bereits dort befindlichen 7 Unabhängigen Transportkompanien zur Verfügung gestellt werden.

 

Zunächst wurden diese Fahrzeuge ausschließlich zu Transportzwecken verwendet. Dabei mussten oft vorgeschobene Posten versorgt werden, die immer wieder von gegnerischen Verbänden umgangen wurden, welche die Nachschubwege blockieren sollten. Zudem waren die üblichen Straßenverhältnisse derart schlecht, dass Radfahrzeuge größere Probleme hatten. Dabei kam es auch zu Gefechten, in denen sich die Typ 94 tk hervorragend als leichtes Kampffahrzeug bewährten, vor allem auch weil die chinesischen Verbände kaum panzerbrechenden Waffen besaßen. Diese Kampffähigkeiten führten dazu, dass die Fahrzeuge immer häufiger als gepanzerte Spitze der Infanteriedivisionen dienten, die ansonsten nur bei besonderen Operationen kurzfristig Panzerunterstützung zur Verfügung hatten. 

 

Zur Vereinfachung der Produktion wurden einige Änderungen am Fahrzeug in die Produktion übernommen. So wurde das Getriebe überarbeitet und dessen Bauhöhe verringert. Daher konnte nun die Zugangsklappe ohne den U-förmigen Aufsatz gefertigt werden. Außerdem fiel die runde Zugangsluke auf der unteren Bugpanzerung weg. Auch die Form des hinteren Teils der Kotflügel wurde vereinfacht.

 

Fahrzeug aus dem mittlerem Produktionszeitraum mit vereinfachter Panzerung

 

Während des Einsatzes in vorderer Linie machten sich die Vibrationen beim Abfeuern des MGs wieder negativ bemerkbar. Die MG-Schützen waren generell auf gezielte kurze Feuerstöße trainiert. Durch die Instabilität als Waffenplattform wurde das Feuer deutlich ungenauer. Daher wurde Ende 1936 mit einer entsprechenden Weiterentwicklung des Fahrzeuges begonnen. So wurde das Leitrad stark vergrößert und nach hinten unten verlegt, wodurch sich die Kettenauflage um 78 cm verlängerte. Dies machte hinten am Fahrzeug eine gesonderte Federung nötig. Diese bestand aus starken Spiralfedern, die in gepanzerten Hüllen rechts und links am Heck befestigt wurden. Die Kotflügel mussten dafür hinten angehoben und die hintere Anhängevorrichtung verlängert werden. Am Turm wurde der Vorbau für die Waffenstation durch die Waffenblende des Typ 95 leichten Panzers Ha-Go ersetzt. Durch die Änderungen ergab sich eine  Verbesserung der Geländegängigkeit durch Verringerung des Bodendrucks und eine deutliche Abschwächung der Vibrationen beim Abfeuern des MGs. Beides erhöhte die Gefechtstauglichkeit. Bei allen diesen Veränderungen wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass die Einsatzfahrzeuge problemlos von den Werkstattverbänden im Feld umgerüstet werden konnten. Anfang 1937 wurde der ursprüngliche Prototyp umgebaut und den Verantwortlichen vorgestellt.

 

  

abgeänderter Prototyp mit Kanonenbewaffnung

 

 

Da bereits mit der Entwicklung eines Nachfolgefahrzeugs begonnen worden war, wurde die Änderung der Waffenanlage als unnötig verworfen. Die Änderungen am Laufwerk wurden jedoch in die laufende Produktion übernommen. Zudem wurde nach und nach das MG durch das Nachfolgemodell Typ 97 7,7 mm Panzer-MG ersetzt.

 

Mit Beginn des chinesisch-japanischen Kriegs Mitte 1937 erlitten die Tanketten-Verbände unerwartet einige Verluste durch deutsche und russische Panzerabwehrkanonen, die inzwischen an die chinesischen Truppen geliefert worden waren. Zudem zeigte sich, dass die Hartkerngeschosse der von den Deutschen gelieferten Karabiner 98K auf kürzeste Entfernung die Seitenpanzerung durchdringen konnte. Zudem zeigten sich die Sehschlitze als beschussempfindlich, was zu Verletzungen an den Augen durch Geschosssplitter führen konnte. Trotzdem konnten sich die Typ 94 tk erneut bewähren. Ab Ende 1937 wurden sie jedoch mehr und mehr wieder für ihre eigentliche Aufgabe als Transporter verwendet, da der Fronteinsatz zu verlustreich wurde und ein für diese Art des Einsatzes optimiertes Nachfolgemodell offiziell eingeführt worden war. Nach und nach wurden die Fahrzeuge bei den Aufklärungsverbänden durch das Nachfolgemodell ersetzt. Ende der dreißiger Jahre wurden fast alle unabhängigen Kompanien in neu aufgestellte Panzerregimenter integriert, wo die Fahrzeuge zunächst als "Platzhalter" für die regulär vorgesehenen Panzer dienten und später in die Transporteinheiten abgegeben wurden. Dort und bei den Transporteinheiten der Infanteriedivisionen lieben sie bis Kriegsende im Einsatz, wobei sie immer wieder auch als Behelfs-Kampffahrzeuge eingesetzt wurden. Auch bei den Kavallerieregimentern, die als Aufklärungsregimenter der Infanteriedivisionen dienten, wurde das Fahrzeug bis zum Ersatz durch den Nachfolger 1939 als Kampffahrzeug verwendet.

 

Einige Panzereinheiten der Marineinfanterie nutzten diese Fahrzeuge in geringem Umfang ebenfalls für Kampfeinsätze bis zur Kapitulation 1945.

 

 

spätes Produktionsmodell

  

 

 

 

3. Daten :

 

(frühe Version/späte Version)

 

Hersteller:

Tokyo Gasu Denki Kokyo

Mitsubishi Jukogyo

Kobe Seikosho

gebaute Fahrzeuge:

843

Kampfgewicht: 

3,2 t / 3,45 t

Bodendruck:

n.b. / 0,465 kg/cm²

Besatzung:

2 Mann

Panzerstärke:

6 mm - 12 mm

Länge:

3080 mm / 3360 mm

Breite:

1620 mm / 1630 mm

Höhe: 

1620 mm

Kettenauflage:

1800 mm /2580 mm

Kettenbreite:   

164 mm

Bodenfreiheit:

290 mm / 300 mm

watfähig bis:

600 mm

überschreitet:

1300 mm / 1400 mm

klettert: 

500 mm

maximale Steigung:

27° / 30°

Motor:

Typ 94 4-Zylinder Benzinmotor

Leistung:

35 PS bei 2000 U/min

Straßengeschwindigkeit:

40 km/h, 30 Km/h mit Anhänger

Reichweite:

200 km

Tankkapazität:

88 L

Getriebe:

4 Vorwärts- 1 Rückwärtsgang

Leistungsgewicht:

9 PS/t

Bewaffnung Turm:

1 X 6,5 mm MG Typ 91,

später 1 X 7,7 mm MG Typ 97

Bewaffnung Bug:

---

Munitionsvorrat:

1980 Schuss

 

Panzerung

Turm

Aufbau

Fahrwerk

vorn

Seite

hinten

oben

vorn

Seite

hinten

oben

vorn

Seite

hinten

Stärke (mm)

12

10

10

6

12

10

8

6

12

10

8

Neigung(°)

90

80

80

0

20

90

70

0

90

90

30