Deutsche Sturzkampfbomber 1935 bis 1945

 

 

Die Junkers Ju 88 als schwerer Sturzbomber:

 

 

Die Ju 88 ging im November 1936 als Sieger aus einer Ausschreibung für einen zweimotorigen, dreisitzigen, unbewaffneten Schnellbomber hervor. Bereits in der Versuchsphase (ab Versuchsmaschine Ju 88  V2) wurden drei Abwehrstände mit je einem MG 15 eingebaut. Als Zuladung war je eine Bombe 500 kg unter den Flügelwurzeln vorgesehen. Die V-3 erreichte im September 1937 eine Geschwindigkeit von 520 km/h und war damit schneller als die meisten Jäger dieser Zeit.

 

 

Der ungeheuer große Erfolg der Ju 87 A in Spanien führte Ende 1937 zur Forderung, die Ju 88 auch zu einem schweren Sturzbomber weiter zu entwickeln. Daraus entstand bis März 1938 die nun viersitzige V-6, aus der die Version A-1 hervorging.

 

Schema eines Sturzangriffs

 

Ju 88 A:

 

Die Version A-1 wurde ab Ende 1938 in Serienfertigung gebaut. Sie besaß im Bugstand (A-Stand, nach vorn feuernd) ein MG 15, im hinteren Cockpitbereich (B-Stand, nach hinten oben feuernd) ein, später zwei MG 15 und in der unteren Rumpfgondel (C-Stand, nach hinten unten feuernd) ein MG 15. Als Bombenlast konnten bis zu 2X1000kg an vier Aufhängungen unter den Flügelwurzeln (= zwischen dem Fahrwerk) oder eine entsprechende Last kleinerer Bomben im Bombenschacht mitgeführt werden.

 

Bombenträger für Bombenschächte

 

Für den Abwurf im Sturzflug waren nur die Unterflügelbomben geeignet.

 

4X SC250 an den Unterflügelstationen

 

Die Reichweite der Maschine betrug etwa 2000 km bei einer Höchstgeschwindigkeit von 450 km/h.

Die Verluste durch Ballonsperren während der Schlacht um England (Stahlseile an H- oder He-Ballons, die eine anfliegende Maschine "zersägen" können) führten zum Einbau einer Abweiservorrichtung an den Vorderflügeln.

 

Mit Auslieferung der Versionen A-4 und A-5 wurden die A-1 an Fliegerschulen abgegeben.

 

Die Version A-2 war als katapultfähiger Bomber für die "Graf Zeppelin" vorgesehen, zeigte sich aber als wenig geeignet für diesen Zweck (zu schwer).

 

Die Version A-3 war durch den Einbau einer Doppelsteuerung eine  reine Schulmaschine, die ansonsten der normalen A-1 entsprach.

 

Die Version A-4 war der wohl meistgebaute Typ. Er entstand aus einer Version A-5 (!), der ein stärkerer Motor eingebaut wurde. Der A- und B-Stand erhielt jeweils ein MG 81, der C-Stand ein MG 81Z (Zwilling). Hinzu kam später ein MG 81 in der Pilotenkanzel. Der Einbau einer 20 mm MK FF gegen Truppenkonzentrationen und Schiffe war jederzeit möglich. Die mögliche Zuladung an Bomben war auf  3600 kg angewachsen. Im Sturzangriff gegen größere Ziele (Schiffe, Gebäude) wurden meist 4X500kg  oder 2X 1000kg unter die Flügel gehängt.  Höchstgeschwindigkeit und Reichweite blieben dadurch gleich wie bei der A-5

Durch die Umrüstung der A-4 mit Abwurfanlagen für Lufttorpedos entstand die A-4 torp.. Sie konnte zwei Lufttorpedos tragen. Gängige Größen waren der LT 750kg und der LT905 kg.

Für den Krieg in Afrika wurden die A-4 per Rüstsatz mit anderen Luftfiltern, einer Überlebensausrüstung und anderen Kleinigkeiten ausgerüstet. Sie wurden A-4 trop. benannt.

 

Die Version A-5 ging aus der A-1 hervor. Die Flügelfläche war dabei vergrößert worden und weitere Tanks wurden eingebaut, so dass die Reichweite auf 3150 km gesteigert werden konnte. Die Abwehrbewaffnung wurde im Laufe der Zeit der Version A-4 angepasst.

 

Die Version A-6 ging aus der Version A-5 durch Ausrüsten mit Ballonabweisern hervor. Die meisten Maschinen wurden nach der Luftschlacht um England wieder auf Version A-5 umgerüstet.

 

 

Einbauschema Ballonabweiser

 

Die Version A-7 war nur in der Planung und sah die Umrüstung von A-5-Maschinen auf Doppelsteuerung für Schulungszwecke vor.

 

Die Version A-8 sah die Umrüstung von Maschinen A-4 mit Ballonabweisern vor. Dieser Auftrag wurde storniert

 

Die Version A-9 war eine ab Werk umgerüstete tropentaugliche A-1.

 

Die Version A-10 war eine ab Werk umgerüstete tropentaugliche A-5.

 

Die Version A-11 war eine ab Werk umgerüstete tropentaugliche A-4.

 

Die Version A-12 war ein Schulflugzeug, ausgehend von der A-5. Dabei wurde ein verbreiterter Bug eingebaut, um eine bessere Einflussmöglichkeit des Lehrers zu ermöglichen (Sitzposition neben statt hinter dem Schüler).

 

Die Version A-13 war ein Versuchsmuster für ein Tiefangriffsflugzeug (= Schlachtflieger) mit geänderter Abwurfanlage.

 

Die Version A-14 war eine A-4, die mit einem besonderen Ballonschneidegerät im Bug (Kuto-Nase) und einer 20 mm MK FF ausgerüstet war. Sie diente dazu, Ballonsperren über Angriffszielen zu zerstören. Sie konnte nur zwei Bomben unter den Flügeln tragen.

 

Die Version A-15 war mit einer Bombenwurfanlage für Spezialwaffen (Gleitbomben u. A.) ausgerüstet.

 

 

Beispiele für Spezialwaffen:

 

 

Gleitbombe "Fritz X", entstanden bei Ruhrstahl/Kramer aus der Bombe PC1400 "Fritz". Einsatz erfolgte ab 1944 mit einigen Erfolgen

 

 

Gleitbombe Henschel HS 293, Einsatz ab 1943 mit einigen Erfolgen

 

 

Blohm & Voss BV L10 "Friedensengel", ein verbesserter Lufttorpedo mit 8500m Reichweite

 

 

Die Version A-16 war eine mit Doppelsteuer als Schulflugzeug umgerüstete A-4.

 

Die Version A-17 war eine A-4 mit geänderter Lufttorpedoanlage. Bei dieser Version entfiel die Bugwanne.

 

 

Ju 88 P:

 

Der Mangel an Schlachtflugzeugen war im Verlauf des ersten Jahres des Russlandfeldzuges deutlich geworden. So sollte die Ju 88, wie die Ju 87, mit einem Geschütz zur Panzerabwehr ausgerüstet werden. Die ersten Maschinen der Version A-4 wurden im Sommer 1942 versuchsweise umgerüstet.

 

Die Version P-1 erhielt eine modifizierte 7,5 cm Pak 40 ( BK 7,5) anstelle der Bugkanzel. Die Erprobung an der Ostfront zeigte schnell, dass die Maschine viel zu schwerfällig und wegen geringer Panzerung auch sehr empfindlich war. Außerdem war die Produktionsmenge des Geschützes viel zu gering, um sie in einen solch zweifelhaften Panzerjäger einzubauen. Trotzdem sollten Versuche mit dem Einbau einer 5 cm Kanone stattfinden.

 

 

Die Version P-2 war mit zwei modifizierten 3,7 Flak 18 (BK3,7) in einer Bugwanne ausgestattet. Sie diente lediglich als Versuchsmuster für den Einbau einer 5 cm Kanone.

 

Die Version P-3 war eine P-2 mit verstärkter Panzerung. Dies führte wegen der Gewichtszunahme zu schwachen Flugleistungen. Es existierte ein Prototyp.

 

Die Version P-4 war dann endlich mit einer modifizierten 5 cm KWK 39 (BK5) in einer verstärkten Bodenwanne ausgerüstet. Dieses Baumuster ist jedoch nicht in den Truppeneinsatz gekommen, auch da schlussendlich geeignetere Maschinen zu Verfügung standen.

 

Einbauschema BK 5

 

Darüber hinaus wurde die Ju 88 mit verschiedenen Waffensystemen testweise ausgerüstet.

Es existieren weitere Versionen z. B. für die Nachtjagd (mit Radar, Versionen G und N) und für den Einsatz als schwerer Aufklärer (Versionen B und D).

 

Ju 88 G-1 mit FuG 220 "Liechtenstein" SN2

 

 

Fazit:

 

Die Ju 88 war ein gelungener Entwurf und wurde den Anforderungen sowohl an einen Horizontalbomber als auch an einen Sturzbomber durchaus gerecht. Sie war der einzige Flugzeugtyp seiner Klasse, der regelmäßig als Sturzbomber eingesetzt wurde. Besonders in der Bekämpfung stationärer Ziele und von Schiffen war er erfolgreich. Die hohe Zuverlässigkeit machte diesen Typ sehr beliebt und so wurde sie im Abwehrkampf an der Ostfront bis 1945 eingesetzt. Einziger Nachteil war seine im Vergleich ( A20, A25...) schwache Abwehrbewaffnung, die bei nicht vorhandener Lufthoheit zu schweren Verlusten geführt hat. Sie wurde im Laufe der Produktion deutlich erhöht, was zu einer höheren Standfestigkeit im Luftkampf führte.

Der Versuch, aus einer so schweren, leicht gepanzerten Maschine ein Schlachtflugzeug zu machen war illusorisch und hat unnötige Kapazitäten gebunden.

Im Verlaufe des Krieges wurde der Typ weiterentwickelt und kam als Ju 188 in den Truppendienst, allerdings nicht mehr als Sturzbomber.

 

 

Bis zur Einstellung der Produktion und Entwicklung in Jahr 1944 wurde noch der Typ Ju 288 vorbereitet, der aber meines Wissens nach nicht mehr über die Erprobung hinaus kam.

 

Cockpit der Ju 88

 

 

 Teil 1